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Krisenherd Naher und Mittlerer Osten

Krisenherd naher und mittlerer Osten


Die Levante und die Golfhalbinsel: (k)ein neuer Fokus für das Österreichische Bundesheer

Der Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und die daraufhin erneut entflammten kriegerischen Auseinandersetzungen mit verschiedenen Akteuren in der Region haben der EU und Österreich deutlich vor Augen geführt, dass die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden im Nahen und Mittleren Osten trügerisch war.
 
Österreichs gute Beziehungen zur Levante, die bis in die Zeit der Habsburgermonarchie zurückreichen, haben nach dem Zweiten Weltkrieg die positive Wahrnehmung unseres Landes als ernsthaften Vermittler und unvoreingenommenen Akteur bei allen Konfliktparteien geprägt. Es ist nunmehr umso wichtiger, diese Rolle wieder verstärkt einzunehmen und mit dem ÖBH zur regionalen Stabilität und damit auch zur Sicherheit Europas beizutragen.
 
Die Levante und die Golfhalbinsel werden für Österreich und den Rest Europas immer wichtiger. Neben den unmittelbaren sicherheitspolitischen Risiken wie Terrorismus und Massenmigration ist die Region auch wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung durch Erdöl und Gas sowie als zukunftsträchtiger Produzent alternativer Energien (u.a. Wasserstoff) bedeutend. Die sichere Nutzung des Suezkanals und der Eingang zum Roten Meer sind für Europas Wirtschaft entscheidend. Beide liegen an der wichtigsten Handelsroute zwischen Europa und Asien und verkürzen den Seeweg erheblich. Störungen im Schiffsverkehr, wie derzeit durch die Angriffe von Houthi-Rebellen, haben erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Handel und die Liefer- und Versorgungsketten.

Einsätze des ÖBH: vom Suez-Kanal bis an die Flüsse Jordan und Litani

Seit November 1967 überwachen österreichische Offiziere im Rahmen der United Nations Truce Supervision Organization (UNTSO) im Nahen Osten diverse Waffenstillstandsabkommen. Das Einsatzgebiet reicht von Ägypten und Israel über Syrien bis in den Libanon. Von 1974 bis 2013 war ein österreichisches UN-Bataillon auf den Golanhöhen im Blauhelmeinsatz, um den Konflikt zwischen Israel und Syrien zu entschärfen. Mehrmals haben österreichische Offiziere dort auch die Funktion des Force Commander für die UNO wahrgenommen. Seit 2011 stellt das ÖBH auch ein Logistikkontingent bei der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL), das seine Aufgaben der unmittelbaren Trennung der Konfliktparteien wahrnimmt.

Im Zuge der Umbrüche nach 2011 (dem sogenannten „Arabischen Frühling“) sowie den Kriegen im Irak und in Syrien wurde zur Stabilisierung der Region die NATO Mission Iraq (NMI) eingerichtet, die unter anderem die Ausbildung irakischer Streitkräfte zum Kampf gegen islamistische Terroristen (vor allem „Daesh/IS“) zum Ziel hat. Österreich als Mitglied des NATO Partnership for Peace (seit 1995) wurde eingeladen daran teilzunehmen und entsendet seit 2024 erstmalig Ausbilder.

Im Jahr 2024 nahm das ÖBH mit Stabsoffizieren in Griechenland an der Operationsführung der maritimen European Union Naval Force (EUNAVFOR) zum Schutz von Handelsschiffen am Eingang zum Roten Meer teil.

Partnerschaftsprogramme, Kooperationsprojekte und Netzwerke

Ein länderspezifischer Fokus der militärischen Kooperationen des ÖBH liegt auf Jordanien. Das Land ist einerseits ein Stabilitätsanker in der Region und zugleich stark durch die kriegerischen Auseinandersetzungen an seinen Grenzen herausgefordert. Alle Kapazitätsbildungsmaßnahmen zielen darauf ab, die Fähigkeiten und Ressourcen der lokalen Streitkräfte zu verbessern, damit sie ihre Aufgaben effektiver erfüllen können. Durch gezielten Wissenstransfer sollen die vermittelten Fertigkeiten nicht nur Einzelpersonen und Verbänden zugutekommen, sondern nachhaltig in den Strukturen der Partnerländer Platz greifen.

Die Zusammenarbeit mit ausgewählten Golfstaaten, wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Oman zielen vorwiegend auf den verteidigungspolitischen Informationsaustausch zu regionalen Sicherheitsherausforderungen ab. Beide Länder verfügen über interessante Dialog- und Mediationsformate. Sowohl im Bereich des interkulturellen sowie religiösen Dialogs, als auch in Bezug auf regionale Spannungen.
Dieses Wissen nutzen das ÖBH und das Bundesministerium für Landesverteidigung für vielfältige Beurteilungen und auch Integrationsmaßnahmen im Inland.

Kooperation mit Jordanien

•    Ausbildungsunterstützung der Pionier- und ABC-Abwehrtruppe;
•    Unterstützung des Kapazitätenaufbaus und des Wissenstransfers im Bereich der Lagersicherheit von Waffen und Munition;
•    Gemeinsame Ausbildung der Spezialeinsatzkräfte unter besonderen „Umfeldbedingungen“ (Wüste/Gebirge);
•    Durchführung eines regionalen Gender Focal Point Kurses (u.a. zum Zwecke der Integration von Frauen in arabischen Streitkräften) gemeinsam mit Kanada und den Niederlanden;
•    Sprachausbildung Arabisch-Deutsch und militärische Terminologie Englisch;
•    Ausbildungskooperation Militärmusik mit verschiedenen Golfstaaten;
•    Interreligiöser und interkultureller Dialog sowie verteidigungspolitischer Informationsaustausch zu regionalen Entwicklungen mit verschiedenen Golfstaaten;
•    Teilnahme am Stipendienprogramm internationaler Kurse des ÖBH sowie am Austrian Centre for Peace (Stadt-Schlaining) für Streitkräfteangehörige aus Jordanien, Libanon und dem Irak.